Die jüngste Schätzung der Schäden macht klar: Tief „Bernd" gehört zu den verheerendsten Unwettern der jüngeren Vergangenheit“. Die Evaluierung durch die Versicherer dauert noch an. Eine aktualisierte Schadenschätzung folgt in der kommenden Woch.

Die vom Tiefdruckgebiet „Bernd“ ausgelöste Flutkatastrophe der vergangenen Woche in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hat nach ersten vorläufigen Schätzungen Milliardenschäden verursacht. „Wir rechnen momentan mit versicherten Schäden in Höhe von 4 bis 5 Milliarden Euro“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Jörg Asmussen. „Die Schäden dürften sogar noch über denen des August-Hochwassers im Jahr 2002 von 4,65 Milliarden Euro liegen. Tief ‚Bernd‘ gehört damit zu den verheerendsten Unwettern der jüngeren Vergangenheit“, so Asmussen.

Die Schäden in Sachsen und Bayern sind in dieser ersten Schätzung noch nicht enthalten. Die zerstörte Infrastruktur erschwert Kommunikation und Besichtigung der Schäden vor Ort. Die Evaluierung der Ereignisse durch die Versicherer dauert noch an. Eine aktualisierte Schadenschätzung der Juli-Unwetter kündigte der Verband für kommende Woche an.

Schadenträchtigstes Jahr seit 2002

„Insgesamt dürfte dieses Jahr mit Stürmen, Überschwemmung, Starkregen und Hagel zum schadenträchtigsten Jahr seit 2002 werden“, sagte Asmussen. Damals lag der versicherte Unwetterschaden bei 10,9 Milliarden Euro. Bereits im Juni hatten Starkregen und Hagel einen geschätzten versicherten Schaden von 1,7 Milliarden Euro verursacht.

Laut Asmussen arbeiten die Versicherer seit Tagen unter Hockdruck an der Schadenbegutachtung und -regulierung in den betroffenen Gebieten: „Wir tun alles, um pragmatisch und effizient zu helfen, damit die Schäden unserer Kundinnen und Kunden schnell und unkompliziert bearbeitet werden können“, so der GDV-Hauptgeschäftsführer. „Meine Gedanken sind bei den Menschen, die Angehörige und Freunde verloren haben und denen, die um Ihr Hab und Gut bangen.“

Pflichtversicherung allenfalls innerhalb von Gesamtkonzept sinnvoll

Zurückhaltend äußerte sich Asmussen zur Debatte um eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden. „Als einzelnes Instrument lehnen wir sie ab, weil sie den Anreiz nimmt, sich gegen Flut- und andere Extremwetterrisiken abzusichern“, so Asmussen. Eine Pflichtversicherung könne nicht die Kosten der fehlenden Klimafolgenanpassung schultern. „Sie wäre allenfalls dann sinnvoll, wenn sie in ein neues Gesamtkonzept für Flächen- und Bauplanung sowie den Katastrophenschutz eingebunden wäre.“

Mit Blick auf die von der Bundesregierung beschlossenen Hochwasser-Soforthilfen sagte Asmussen: „Die jetzt entstandenen Schäden übersteigen die Selbsthilfekräfte der Kommunen und Landkreise bei weitem. Zur Linderung der unmittelbaren Not ist die Auszahlung von Soforthilfen daher sinnvoll.“

Bundesweit sind fast alle Wohngebäude gegen Sturm und Hagel abgesichert. Allerdings besitzen nur 46 Prozent der Hausbesitzer den Schutz vor weiteren Naturgefahren wie Starkregen und Hochwasser. „Es ist zwar erfreulich, dass inzwischen fast die Hälfte der Gebäudebesitzer Schutz vor weiteren Naturgefahren hat. Aber für die anderen gilt, dass sie ihren Versicherungsschutz überprüfen und anpassen sollten“, sagte Asmussen.

Um Hausbesitzer für die Gefahr durch Naturkatastrophen zu sensibilisieren, bietet der GDV den „Naturgefahren-Check“ an. Immobilienbesitzer und Mieter erfahren auf der Onlineplattform, welche Schäden Unwetter in der Vergangenheit an ihrem Wohnort verursacht haben und können so ihr individuelles Risiko besser einschätzen.